Geschichte der Frühen Neuzeit
print

Sprachumschaltung

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Kohlrausch, Heinrich Friedrich Theodor

(1780-1867)

Heinrich Friedrich Theodor Kohlrausch (* 5. November 1780 in Landolfshausen, † 30. Januar 1867 in Hannover) studierte Theologie in Göttingen und besuchte anschließend als Erzieher des Grafen Wolf von Baudissin noch die Universitäten Berlin, Kiel und Heidelberg. 1810 wurde er Lehrer in Barmen, 1814 in Düsseldorf. Ab 1818 war er Schulrat in Münster, wo er 1823 regelmäßige Direktorenkonferenzen aller Leiter von höheren Schulen einführte, die später in ganz Preußen übernommen wurden. 1830 berief die hannoversche Regierung Kohlrausch als Oberschulrat und Generalinspektor der gelehrten Schulen. 1864 übernahm er das Amt des Generalschuldirektors. In dieser Funktion vereinheitlichte und reformierte er das höhere Schulwesen des Königreichs Hannover vor allem nach preußischem Vorbild. Dazu zählte die Einführung einer Abiturprüfung (1846), die Vereinheitlichung der Rechtschreibung und die Reform des Lehrplans durch stärkere Berücksichtigung der Naturwissenschaften, der Geschichte und des Turnens. Kohlrausch verfasste Schulbücher, vor allem zum Geschichtsunterricht, die in zahlreichen Auflagen erschienen.

Zum Werk

Dieses Werk integriert einen für das Genre der Tabellengeschichten neuen Aspekt, und zwar neben der Völker- und Staatengeschichte auch die "Cultur-Geschichte". Dem Verlauf der Weltgeschichte wird somit auch ein kultureller Fortschrittsgedanke zuerkannt, wie z.B. eine Art Stufenmodell: "Abraham. Zweite Culturstufe, aber in dem höheren Lichte religiöser Weihe" und rechts dann "Uralter Glaube an den einigen Gott." usw. Die Kategorisierung fällt zu früheren Werken nüchterner und nicht so stark segmentiert aus. Die Inhalte sind jedoch weitestgehend gleich geblieben. Die Welt fängt mit Adam und Eva an. Ausnahmen bleiben die Erkenntnisse der kulturgeschichtlichen Herangehensweise, die auch andere Vorstufen der Menschheitsgeschichte kennt: "Die Geschichte verliert sich in die Sagen der Völker, und diese endigen meistens in einem goldenen Zeitalter, wo, unter göttlicher Leitung, noch kein Widerspruch der Vernunft und des äußern Lebens war. Es liegt darin zugleich das Bewußtseyn und die Sehnsucht des endlichen Zieles ausgesprochen. Gewiß ist, daß der Mensch sich nicht ais eine blos thierischen Zustande, ohne höhere Hülfe, hätte emporarbeiten können. Wenn wir aber den Zustand sehen, worin wir die Menschen in der Wirklichkeit finden, so unterscheiden wir: Vier Culturstufen der Völker." (S. 5). Die Spalte "Cultur-Geschichte" soll immer auch alles mögliche einfügen: emotionale Gedanken, allgemeine Entwicklungen, berühmte Männer etc. Ich zitiere noch ein Beispiel: 1814: "Außerordentliche Aufregung der Herzen wie der Gedanken. Die Hoffnungen richten sich auf eine Wiedergeburt des ganzen gesellschaftlichen und bürgerlichen Zustandes. In ganz kurzer Frist soll sich bilden, wozu sonst Menschenalter gehören. Indeß erhebt sich sehr bald ein hartnäckiger Kampf des Alten und des Neuen, der nicht ohne Leidenschaft geführt wird. Viele verlieren in demselben die Ruhe der Betrachtung und des Urtheils." (S. 50)

Sehr schön ist auch die bei Kruse im Vorwort vorkommende Beschreibung der Schul-Unterrichtspraxis, die sich im übrigen von der akademischen Universitätslehre unterscheidet: "Der Schüler hat in ihm so viel vor Augen liegen, daß er nicht den ganzen Vortrag des Lehrers nachzuschreiben braucht, dieser vielmehr knüpft sich an den gedruckten Leitfaden an; er wird nur eine Anzahl bemerkenswerther Notizen, die sich in seinem Abrisse nicht finden, auf seinem weißen Blatte nachzutragen haben; und der Lehrer hat an den Büchern seiner Schüler, wenn er sie von Zeit zu Zeit nachsieht, einen Maaßstab, wie der Einzelne seinen Vortrag auffaßt und benutzt, und wo dieser selbst noch mangelhaft geblieben ist." (Vorwort).

Das Werk kommentiert auch einen unvermeintlichen Pluralisierungseffekt, dass nämlich bei zu großer Berücksichtigung der Vielzahl der verschiedenen Nationen allein zu Übersichtszwecken, "eine" Geschichte — in diesem Fall die eigene — ins Zentrum rückt und an der die anderen Geschichten ausgerichtet werden : "In der neueren Geschichte dagegen entwickeln sich die Hauptvölker neben einander und ihre Zahl ist so viel größer. Da blieb also kein Mittel übrig, als die Geschichte des teutschen Vaterlandes zur Hauptsache zu machen, diese in ihrem Zusammenhange darzustellen und das, was aus der Geschichte anderer Völker wichtig erschien, dazwischen hineinzuschieben." (ebd.).

Ausgewählte Veröffentlichungen:

Weiterführende Literatur:

  • Kämmel, Heinrich, Art. Kohlrausch, Friedrich. In: ADB Bd. 16. S. 450f.
  • Kössler, Franz: Personenlexikon von Lehrern des 19. Jahrhunderts. Band: Kaak-Kysaeus. Vorabdruck. Gießen 2008.
  • Mench, Karl: Ein Generalschuldirektor aus Landolfshausen. Zum 200. Geburtstag des Pädagogen Friedrich Kohlrausch. In: Göttinger Jahresblätter, Jg. 4 (1981). S. 69–76.
  • Schödler, Friedrich: Friedrich Kohlrausch. Lebensbild eines Schulmannes. In: Allgemeine Schulzeitung, Bd. 46 (1869), Heft 12, S. 89–91; Heft 13, S. 97–101; Heft 14, S. 105f.


© Redaktion Tabellenwerke